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Gastland Indien auf der Biofach 2012: Bio und Fair Trade?

February 20, 2012
tags:#Bio, #BioFach 2012, #Fair Trade, #India, #Indien, #Jabril, #Messe, #Morarka, #Nature Bio-Foods, #Nürnberg
located:India
by:Sara Jabril

„Ich bin mir sicher, dass wir einen farbenfrohen, fröhlichen und herzlichen Auftritt Indiens erleben werden”, verkündete Dr. Gerd Müller vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei seiner Eröffnungsrede der BioFach und Vivaness Messe 2012 in Nürnberg. Jedes Jahr kürt die Weltleitmesse für Bio-Produkte ein Land des Jahres. Als erster asiatischer Staat darf sich Indien 2012 über diesen Titel freuen. Indien ist nicht nur eine wachsende Wirtschaftsmacht, sondern es scheint sich auch zu einem bedeutsamen Bio-Land zu entwickeln. Eine Fläche von über einer Million Hektar wird mittlerweile ökologisch bewirtschaftet. Und nicht nur als Exportland von Bio-Produkten geht es für Indien aufwärts; auch auf dem Binnenmarkt wächst die Nachfrage nach „Bio”. Indiens Inlandsmarkt für Bio-Produkte wurde für 2010 auf rund 543 Millionen Dollar geschätzt (Morarka Foundation).

Die Bio-Bewegung in „der größten Demokratie der Welt” ist besonders bemerkenswert, weil Indien in der Vergangenheit einen eher rücksichtlosen Umgang mit seiner Umwelt pflegte. Darüber hinaus gibt es die Hoffnung, dass der indische Bio-Boom nicht nur die Lage der Umwelt, sondern auch die der Menschen verbessern kann. Das Land mit mehr als 1,2 Milliarden Einwohnern kämpft noch immer mit hohen Armutszahlen. Deshalb war auch „Fair Trade“ ein wichtiges Thema auf der BioFach 2012. Während „Bio“ eine ökologisch nachhaltige Produktion zum Ziel hat, steht bei „Fair Trade“ die soziale und wirtschaftliche Entwicklung im Vordergrund (Fairtrade Deutschland). Im vergangenen Jahr trugen 65 Prozent der Fair Trade-Produkte auch ein Biosiegel. Der „faire Handel“ und Bio liegen also nah beieinander, aber kann Eins das Andere ersetzen?

Mit einigen Teilnehmern der BioFach 2012 sprach ich über das Verhältnis zwischen „Bio“ und „Fair Trade“. Hier ihre Antworten:

Sanjey Deshmukh, NOCA India (Managing Director)

„Bio ist gut für Indien, da die große Nachfrage an Produkten dieser Art den indischen Markt wachsen lässt. Man hätte schon viel früher für diesen Bereich werben sollen. Indien ist besonders als Lieferant von Gewürzen gefragt. Die Qualität der Verarbeitung und die Durchführungsbestimmungen haben sich verbessert bzw. verschärft. Auch der inländische Markt wächst. Noch hat die Herstellung von Bio-Produkten allerdings keinen großen Einfluss auf „Fair Trade“. Ich denke, das kommt alles mit der Zeit. “

Mukesh Gupta, Morarka Organic (Chief Executive Officer)

„Als Hersteller exportieren wir seit ca. 2 Jahren Bio-Produkte. Das Geschäft läuft auch auf dem Binnenmarkt gut. Die Bio-Produkte entsprechen automatisch dem Fair- Trade-Standard. Wozu dann noch ein extra Siegel?“

Tapan Ray, Nature Bio-Foods LTD. (Managing Director & Chief Executive Officer)

„Es muss ganz klar gesagt werden, dass ‚Bio’ ein auf Gewinn gerichtetes Geschäft ist. Ein Bio-Produkt ist ein Mehrwertprodukt, deshalb kann man für Produkte mit diesem Label auch mehr Geld verlangen. Im Gegensatz dazu ist Fair Trade eine soziale und wirtschaftliche Bewegung, die viel kontrollierter ist als ‚nur Bio’. Zwar ist Bio für Fair Trade, aber kann nur als erster Schritt gesehen werden. Es muss mehr folgen. Die Menschen in Indien legen viel Wert auf ökologisch hergestellte Produkte. Es gibt zwar keine örtliche Zertifizierung, aber viele Menschen kaufen sowieso lieber direkt bei ihrem Nachbarn, wenn sie wissen, dass dieser ökologisch anbaut.“

Ariane Daeze, Oxfam Fairtrade (Supply Chain Assistant)

„Man sollte Bio- und Fair Trade- Produkte keinesfalls verwechseln. Die Leute, die Zutaten wie z.B. Zucker für Schokolade verkaufen, müssen einen gerechten Anteil bekommen, damit sie für lebensgrundlegende Güter wie beispielsweise Bildung oder Arztbesuche bezahlen können. Durch den stattfindenden Bio-Boom werden Bio-Produkte immer beliebter und dadurch besteht die Gefahr, dass große Unternehmen einsteigen, die möglicherweise nicht so viel Wert auf Fair Trade legen. Vorsicht ist geboten.“

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sara jabril
Sara Jabril
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